Sachwertverfahren: So wird der Sachwert von Immobilien ermittelt
Mit dem Sachwertverfahren bestimmen Sachverständige den Wert von Immobilien. Der Fokus der Wertermittlung liegt dabei insbesondere auf der Bausubstanz. Wie genau die Berechnung beim Sachwertverfahren funktioniert, erklären wir Ihnen im Folgenden anhand von Beispielen. Außerdem: Erfahren Sie die Vor- und Nachteile der Methode sowie die Antwort auf die Frage, ob Sie den Sachwert einer Immobilie selbst ermitteln können.

Der Wert von Bahnhofsgebäuden wird – zumindest an ländlichen Haltepunkten – nach dem Sachwertverfahren ermittelt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Das Wichtigste in Kürze
- 2. Definition: Was ist das Sachwertverfahren für Immobilien?
- 3. Berechnung: Wie ermittelt man den Sachwert einer Immobilie?
- 4. Vor- und Nachteile des Sachwertverfahrens
- 5. Anwendung: Kann ich das Sachwertverfahren für die Bewertung meiner Immobilie selbst vornehmen?
- 6. Lassen Sie den Sachwert Ihrer Immobilie professionell ermitteln
Das Wichtigste in Kürze
- Mit dem Sachwertverfahren ermitteln Sachverständige den Marktwert von Immobilien. Unter allen normierten Verfahren gilt es aber als das komplizierteste.
-
Die Gesamtformel zur Berechnung des Sachwerts einer Immobilie lautet:
Sachwert = ( Bodenwert + Gebäudesachwert) × Marktanpassungsfaktor - Da das Sachwertverfahren entscheidend auf Markt- und Sachkenntnis beruht, sollten Sie immer einen zertifizierten Sachverständigen damit beauftragen, den Marktwert Ihrer Immobilie zu ermitteln. Andernfalls riskieren Sie Fehler bei der Wertermittlung Ihrer Immobilie, die für Sie von entscheidendem Nachteil sein können.
Definition: Was ist das Sachwertverfahren für Immobilien?
Das Sachwertverfahren ist ein normiertes Verfahren, um den Verkehrswert (Marktwert) oder Beleihungswert einer Immobilie zu ermitteln. Das Sachwertverfahren wenden Sachverständige insbesondere bei den folgenden Immobilienarten an:
- alleinstehende Häuser und Immobilien in ländlicheren Gegenden, bei denen Vergleichsobjekte fehlen oder rar sind
- Industrie-/Gewerbeimmobilien
- Infrastruktur (zum Beispiel Bahnhöfe)
- denkmalgeschützte Immobilien
Neben dem Sachwertverfahren sieht die Immobilien-Wertermittlungsverordnung (kurz: ImmoWertV) noch zwei weitere Verfahren vor, das Ertragswertverfahren und das Vergleichswertverfahren. Alle drei Verfahren zur Immobilienbewertung unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Herangehensweise. Das Sachwertverfahren gilt als das anspruchsvollste.
Berechnung: Wie ermittelt man den Sachwert einer Immobilie?
Den Sachwert einer Immobilie kann man grundsätzlich in fünf Schritten ermitteln. Welche das sind, erklären wir Ihnen im Folgenden.

Infografik zum Ablauf des Sachwertverfahrens
Schritt 1: Bodenwert berechnen

Zunächst kommt es bei der Anwendung des Sachwertverfahrens darauf an, den Bodenwert zu ermitteln. Dabei handelt es sich um den Wert, den der Boden hat, getrennt vom darauf befindlichen Gebäude.
Formel
Grundstücksfläche × Bodenrichtwert pro m² = Bodenwert
Erläuterung
Den Bodenwert einer Immobilie ermitteln Sachverständige, indem sie die Grundfläche der zu bewertenden Immobilie mit dem sogenannten Bodenrichtwert multiplizieren: einem amtlichen regionalen Durchschnittswert, den Gutachterausschüsse auf Basis von Vergleichswerten ermitteln.
Der Bodenrichtwert gibt also an, wie viel der Boden wert ist – gemessen an den in der Region üblichen Preisen. Bodenrichtwerte sind für jedermann zugänglich, Sie können sie ebenso wie auch Sachverständige auf Anfrage bei den jeweiligen Gutachterausschüssen anfordern.
Beispiel
Nehmen wir an, Sie besitzen ein 300 m² großes Grundstück, dessen Sachwert Sie ermitteln lassen möchten. Der Sachverständige ermittelt, wie oben beschrieben, erst einmal den Bodenwert, indem er den Bodenrichtwert der Region mit Ihrer Grundstücksfläche multipliziert. Demnach ergibt sich ein Bodenwert in Höhe von 45.000 €:
300 m 2 |
× |
150 € |
= |
45.000 € |
Grundstücksfläche |
× |
Bodenrichtwert pro m 2 |
= |
Bodenwert |
Schritt 2: Gebäude-Herstellungskosten berechnen

Im nächsten Schritt ermittelt der Sachverständige, wie hoch die Gebäude-Herstellungskosten Ihrer Immobilie sind. Dafür multipliziert man die Regel-Herstellungskosten pro m² mit der Bruttogrundfläche.
Formel
Regel-Herstellungskosten pro m² × Bruttogrundfläche = Gebäudeherstellungskosten
Erläuterung
Regel-Herstellungskosten meinen nicht die tatsächlichen, sondern die gewöhnlichen Herstellungskosten pro Quadratmeter. Gutachter ermitteln sie nach Grundstücks- und Gebäudeart. Ihre Höhe kann also je nach Immobilie unterschiedlich ausfallen. Sie beziehen sich übrigens auch auf die Außenanlagen, also zum Beispiel Anbauten wie Garagen oder Schuppen.
Die Bruttogrundfläche meint die Summe aller nutzbaren Grundflächen einer Immobilie. Haben Sie beispielsweise ein Haus mit mehreren Stockwerken, einem Dachboden oder Keller, hat jede Ebene eine eigene Grundfläche. Addieren Sie diese Ebenen, erhalten Sie die Bruttogrundfläche Ihrer Immobilie.
Beispiel
Nehmen wir an, Ihre Immobilie hat eine Bruttogrundfläche von 200 m 2 und der Gutachter ermittelt Regel-Herstellungskosten von 1.200 € pro m 2 . In diesem Fall belaufen sich die Gebäudeherstellungskosten auf 240.000 €:
1.200 € |
× |
200 m 2 |
= |
240.000 € |
Regel-Herstellungskosten pro m 2 |
× |
Bruttogrundfläche |
= |
Gebäudeherstellungskosten |

Die Gebäude-Herstellungskosten sind maßgeblich zur Berechnung des Sachwerts einer Immobilie.
Schritt 3: Gebäude-Sachwert berechnen

Sind die Herstellungskosten der Immobilie bekannt, kann der Gutachter den Gebäude-Sachwert ermitteln. Um zu erfahren, wie viel die Bausubstanz tatsächlich wert ist, muss die Wertminderung des Gebäudes durch Verschleiß, Abnutzung und andere Alterungsvorgänge berücksichtigt werden.
Formel
Gebäude-Herstellungskosten – Alterswertminderung = Gebäude-Sachwert
Erläuterung
Wie hoch die Alterswertminderung ausfällt, hängt immer von der individuellen Immobilie ab sowie von der Restnutzungsdauer, also der Dauer, in welcher die Immobilie genutzt werden kann. Bei einer Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren beträgt die Alterswertminderung beispielsweise 1,25% pro Jahr.
Um den genauen Wertverlust durch Alterswertminderung zu bestimmen, werden die Herstellungskosten der Immobilie prozentual gemäß dem Faktor der Alterswertminderung verringert:
Bei Gebäude-Herstellungskosten in Höhe von 240.000 € entsprechen 3.000 € einer Wertminderung von 1,25 % pro Jahr. Innerhalb von 10 Jahren nimmt der Wert um 30.000 € ab.
Beispiel
Kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass die Höhe der Alterswertminderung Ihrer Immobilie bei 30.000 € liegt, ergibt sich ein Gebäude-Sachwert von 210.000 €:
240.000 € |
– |
30.000 € |
= |
210.000 € |
Gebäude-Herstellungskosten |
– |
Alterswertminderung |
= |
Gebäude-Sachwert |
Schritt 4: Vorläufigen Sachwert berechnen

Nun kann der vorläufige Sachwert der Immobilie berechnet werden. Dafür addiert man den Gebäude-Sachwert mit dem Bodenwert der Immobilie.
Formel
Gebäude-Sachwert + Bodenwert = vorläufiger Sachwert
Beispiel
Im Fall unseres Beispiels ergibt sich ein vorläufiger Sachwert in Höhe von 255.000 €:
210.000 € |
+ 45.000 € |
= 255.000 € |
Gebäude-Sachwert |
+ Bodenwert |
= vorläufiger Sachwert |
Schritt 5: Endgültigen Sachwert ermitteln

Um nun den endgültigen Sachwert der Immobilie zu berechnen, müssen Sachverständige noch den sogenannten Marktanpassungsfaktor berücksichtigen. Er wird mit dem vorläufigen Sachwert multipliziert.
Formel
Vorläufiger Sachwert × Marktanpassungsfaktor = endgültiger Sachwert
Erläuterung
Mit dem Marktanpassungsfaktor berücksichtigen Sachverständige die aktuelle Marktlage. Das heißt, der Marktanpassungsfaktor gibt das durchschnittliche Verhältnis zwischen vorläufigem Sachwert und Verkaufspreis an, also wie viel Prozent des vorläufigen Sachwertes tatsächlich beim Verkaufspreis erzielt werden. Gutachterausschüsse ermitteln Marktanpassungsfaktoren auf Basis umfassender Auswertungen für verschiedenste Gebäudearten und Regionen.
Beispiel
Nehmen wir an, die Beispiel-Immobilie befindet sich in einer ländlicheren Gegend, bei der das Angebot die Nachfrage übersteigt und der Marktanpassungsfaktor bei 0,7 liegt. In einem solchen Fall beträgt der endgültige Sachwert der Immobilie aufgrund der Marktsituation 178.500 €:
255.000 € |
× |
0,7 |
= |
178.500 € |
Vorläufiger Sachwert |
× |
Marktanpassungsfaktor |
= |
endgültiger Sachwert |

Außergewöhnliche selbstbewohnte Immobilien ohne adäquate Vergleichsobjekte sind prädestiniert für das Sachwertverfahren.
Vor- und Nachteile des Sachwertverfahrens
Jedes Wertermittlungsverfahren hat seine Vor- und Nachteile, so auch das Sachwertverfahren:
Vorteile des Sachwertverfahrens
-
bestens geeignet für ländliche Regionen und außergewöhnliche Immobilien:
Weil der Schwerpunkt des Sachwertverfahrens vor allem auf der Bewertung der eigentlichen Bausubstanz liegt und weniger auf dem Vergleich mit ähnlichen Objekten, ist es besonders gut für Immobilien geeignet, bei denen Vergleichsobjekte fehlen oder rar sind. -
ermöglicht auch die Bewertung allgemein oder industriell genutzter Immobilien:
Weder das Ertragswertverfahren noch das Vergleichswertverfahren ermöglichen eine so präzise Wertermittlung bei Industrie-Immobilien oder allgemein genutzter Infrastruktur wie das Sachwertverfahren. -
Substanzwert im Fokus:
Insbesondere bei aufwendigen Renovierungsarbeiten erzielt das Sachwertverfahren vorteilhafte und genaue Ergebnisse für Eigentümer, weil es auch die an einer Immobilie erbrachten Aufwände genau berücksichtigt. -
Orientierung an aktuellen Herstellungspreisen:
Beim Sachwertverfahren ermitteln Sachverständige die Herstellungskosten der Bausubstanz anhand aktueller Preisniveaus, wodurch es eine Anpassung des Immobilienwerts an die jeweilige Marktsituation ermöglicht.
Nachteile des Sachwertverfahrens
-
aufwendiges und kompliziertes Verfahren:
Das Sachwertverfahren ist das komplizierteste unter allen normierten Verfahren zur Wertermittlung von Immobilien und verlangt nach fundierter Marktkenntnis. Deshalb sollten Sie die Anwendung lieber einem zertifizierten Sachverständigen überlassen. -
geringere Berücksichtigung der aktuellen Marktsituation:
Wohingegen das Sachwertverfahren den Substanzwert einer Immobilie auf besondere Art und Weise berücksichtigt, kann es das Marktgeschehen nicht gleichermaßen miteinbeziehen, wie es zum Beispiel beim Vergleichswertverfahren der Fall ist.
Ein Tipp: Um die Nachteile eines einzelnen Verfahrens auszugleichen und den Wert einer Immobilie möglichst valide und realistisch zu bestimmen, wenden seriöse Sachverständige zur endgültigen Bestimmung des Immobilienwerts mindestens zwei Verfahren an. Durch das stützende Bewertungsverfahren können fehlerhafte Parameter identifiziert und korrigiert werden. Die genaue Wahl der Verfahren hängt dabei immer von der Immobilie und ihren Besonderheiten ab.
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Das Wichtigste zum Sachwertverfahren in einer Infografik.
Anwendung: Kann ich das Sachwertverfahren für die Bewertung meiner Immobilie selbst vornehmen?
Grundsätzlich ist Laien davon abzuraten, den Sachwert einer Immobilie selbst zu ermitteln. Denn selbst kleinste Abweichungen und Fehler bei der Berechnung können zu starken Abweichungen führen. Wohingegen es für Laien noch möglich ist, bei den Gutachterausschüssen alle erforderlichen Werte einzuholen, wird die präzise Berechnung des Sachwerts einer Immobilie besonders komplex, sobald die Marktsituation zu berücksichtigen ist.
Wie bereits erwähnt, sollte das Sachwertverfahren zudem auch immer mit einem weiteren Verfahren kombiniert werden, um valide Ergebnisse zu liefern. Möchten Sie sichergehen, dass die Ergebnisse der Wertermittlung akkurat, aussagekräftig und realistisch sind, sollten Sie demnach immer einen versierten und erfahrenen Experten mit der Immobilienbewertung beauftragen.
Lassen Sie den Sachwert Ihrer Immobilie professionell ermitteln
Unsere Sachverständigen der Heid Immobilienbewertung nehmen unter anderem mit Hilfe des Sachwertverfahrens die Berechnung Ihres Immobilienwertes gerne vor: Wir stellen sicher, dass Sie eine verlässliche Auskunft zum Wert Ihrer Immobilie erhalten, bei voller Aufwands- und Kostentransparenz. Unsere Leistungen bieten wir deutschlandweit für verschiedenste Immobilientypen und Anlässe an.
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