Nießbrauch ist für den Berechtigten eine feine Sache, die viele Vorteile und eine Absicherung im Alter beinhaltet. Doch obwohl der Eigentümer die Immobilie meist geschenkt bekommt oder geerbt hat, ist ein Nießbrauch für ihn mit einer Menge Nachteilen verbunden.
Das Wichtigste in Kürze
- Wertverlust: Eine Immobilie mit Nießbrauch verliert enorm an Wert. Da der Eigentümer das Haus auf lange Sicht nicht nutzen kann, ist es auf dem freien Immobilienmarkt praktisch unverkäuflich.
- Laufzeit: Lässt sich ein Eigentümer auf Nießbrauch ein, bindet er sich sowohl an die Person als auch an die Immobilie. Denn ein eingetragener Nießbrauch gilt in der Regel auf Lebenszeit.
- Familie: Schon die Vertragsgestaltung über Rechte und Pflichten birgt Konfliktpotenzial, wenn Nießbraucher und Eigentümer verwandt sind. Deren praktische Umsetzung endet nicht selten in Streit und zerrütteten Familienbanden.
- Kosten: Der Nießbraucher kommt zwar für laufende Kosten wie Reparaturen auf und es entfallen Bewirtschaftungskosten für eine Hausverwaltung – bei teuren erforderlichen und wertsteigernden Maßnahmen wie einer Sanierung oder Modernisierung wird jedoch der Eigentümer zur Kasse gebeten.
Nießbrauch ist eine geeignete Methode, um das Haus der Eltern rechtlich vorzeitig zu übernehmen, ohne sie aus ihrem vertrauten Umfeld zu entreißen. Problematisch wird der Nießbrauch erst, wenn die Immobilie als Einnahmequelle benötigt wird.
Ing. André Heid M.Sc.
Nachteil 1: Wertverlust
Steuerlich betrachtet ist der Wert, den eine Immobilie durch einen Nießbrauch verliert, ein Vorteil. Denn je höher der Wert des Nießbrauchs, desto geringer die Schenkungssteuer. Doch der Steuervorteil ist einmalig, der Wertverlust dauerhaft. Ein Nießbrauch sorgt für
- einen Wertabschlag für die fehlende Nutzung der Immobilie.
- einen Wertabschlag für eine schlechtere Marktgängigkeit.
- entgangene Miete. Denn unter Familienmitgliedern wird selten eine marktübliche Nettokaltmiete verlangt.
Sie möchten eine grobe Vorstellung davon erhalten, wieviel ein Nießbrauchrecht wert ist? In unserem exemplarischen Mustergutachten schlüsseln wir die Berechnung auf.
Nachteil 2: Bindung auf Lebenszeit
Ein Nießbrauch ist eine Entscheidung fürs Leben. Damit binden sich der neue Eigentümer und der Nießbraucher dauerhaft – aneinander und an die Immobilie. Sobald der Nießbrauch im Grundbuch eingetragen ist, ist eine einseitige Löschung nicht mehr möglich.
Nießbrauch taucht auch im Zusammenhang mit der Immobilienverrentung auf. Der schale Beigeschmack: Der Eigentümer profitiert finanziell von einem frühen Tod des Nießbrauchers. Professionelle Teilverkauf-Anbieter spekulieren auf ein rasches Ableben – das ist Teil des Geschäftsmodells.
Nachteil 3: Konfliktpotenzial bei Transaktion innerhalb der Familie
Auch bei einem Nießbrauch innerhalb der Familie kann ein belastendes Gefühl durch diese Konstellation entstehen. Die Verhältnisse innerhalb der Familie ändern sich. Als Eigentümer möchten Sie, dass Ihre Immobilie top in Schuss bleibt. Der Nießbraucher möchte in Ruhe darin leben. Es kommt zu Auseinandersetzungen bezüglich Instandhaltung, Sanierung, Modernisierung, Rechte und Pflichten.
Beispiel: Der Eigentümer räumt dem neugebauten Nachbargrundstück für ein paar Hundert Euro ein Wegerecht ein. Dem Nießbraucher missfällt es jedoch, dass der verhasste Nachbar und dessen Besucher täglich mit ihren Benzinschleudern seine Zufahrt benutzen.
Auch die Regelung von Pflichten kann für Unfrieden sorgen. Der Nießbraucher möchte im Winter keinen Schnee räumen, der Eigentümer dafür aber keinen Hausmeisterservice beauftragen. Im Vertrag kann geregelt werden, wer sich darum kümmern muss. Zum Beispiel kann der Nießbraucher den Winterdienst auf eigene Kosten auslagern.
Beispiel: Der Postbote rutscht vor dem Haus aus und bricht sich ein Bein. Der Nießbraucher hat nicht gestreut. Prinzipiell haftet der Nießbraucher für das Versäumnis. Allerdings muss der Eigentümer gelegentlich kontrollieren, ob der Nießbraucher seinen Pflichten nachkommt. Der Postbote richtet seine Ansprüche als Geschädigter zunächst an den Nießbraucher. Weist dieser jedoch nach, dass der Eigentümer seine Kontroll- und Überwachungspflichten verletzt hat, könnte auch der Eigentümer in die Haftung genommen werden.
Ein Nießbrauch innerhalb der Familie birgt reichlich Konfliktpotenzial und kann die Beziehungen untereinander trüben. Zudem entsteht zumindest während der Begründung des Nießbrauchs ein administrativer, nicht ganz günstiger Aufwand. Schließlich ist ein Vertrag samt notarieller Beurkundung erforderlich und verursacht Notarkosten.
Nachteil 4: Eingeschränkte Verfügungsgewalt
Als Eigentümer verlieren Sie weitgehend die Kontrolle über Ihre Immobilie. Sie können nicht frei darüber verfügen und werden in Ihren Handlungsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Solange ein Nießbrauch besteht, können Sie die Immobilie weder selbst nutzen noch vermieten. Zudem ist die Beleihung einer Nießbrauch-Immobilie kaum möglich, da seriöse Darlehensgeber sich meist nicht darauf einlassen. Der Haken: Gerade für kostenintensive Maßnahmen wie umfangreiche Ausbauten kann eine Finanzierung erforderlich sein.
Nachteil 5: Kosten für Eigentümer
Zwar obliegt dem Nießbraucher die Instandhaltung, sodass auf Sie als Eigentümer keine regelmäßigen Reparaturkosten zukommen. Allerdings stehen in bestimmten Intervallen üblicherweise größere Maßnahmen an, damit das Haus keinen Schaden nimmt. Wenn es um kostenintensive Projekte geht, die Sanierung oder Modernisierung betreffen, sind diese eine Angelegenheit für den Eigentümer. Es gilt, sie so durchzuführen, dass die Wohnqualität des Nießbrauchers nicht beeinträchtigt wird – und die üppigen Kosten zu begleichen. Zu diesen kostenintensiven Maßnahmen gehören:
- Dachsanierung, eine neue Heizungsanlage oder eine Isolierverglasung des ganzen Hauses.
- Umfangreiche Modernisierungen wie eine energetische Sanierung.
- Außergewöhnliche Beiträge, die Anlieger zu entrichten haben, darunter Erschließungskosten.
Lesetipp: Erfahren Sie in unserem Ratgeber, was das Wohnungsrecht ist und wie sich Nießbrauch und Wohnrecht unterscheiden.
Vorteile von Nießbrauch für den Eigentümer
Ein Vorteil für Sie als Eigentümer ist, dass der Nießbraucher gemäß § 1047 BGB einige (öffentliche) Lasten wie Grundsteuer und Versicherungsprämien trägt. Die Bildung einer Instandhaltungsrücklage ist ebenfalls Sache des Nießbrauchnehmers. Laufende Reparaturen und Wartungsarbeiten belasten somit nicht das Budget des Eigentümers. Auch – in einem normalen Mietverhältnis nicht umlagefähige – Bewirtschaftungskosten (z. B. Hausgeld für die Immobilienverwaltung) kümmern Sie als Eigentümer bei einem Standard-Nießbrauchvertrag nicht.
Vor- und Nachteile von Nießbrauch auf einen Blick
Wir stellen die Vor- und Nachteile eines Nießbrauchs aus Perspektive des Eigentümers abschließend in einer Tabelle dar.
| Aspekt | Vorteil | Nachteil |
| Finanzen | Steuervorteil bei Schenkung oder Erbschaft | Keine Einnahmen aus Nutzung der Immobilie |
| Pflichten & Instandhaltung | Keine laufenden Kosten für Reparaturen | Sanierung & Modernisierung, Eigentümer zahlt Außergewöhnliches |
| Flexibilität & Nutzung | – | Eingeschränkte Nutzung, langfristige Bindung |
| Absicherung & Planung | Ermöglicht Versorgung von Angehörigen | Erhebliche Wertminderung, Verkauf erschwert |
Nießbrauch kommt praktisch nur in Frage, wenn die Immobilie innerhalb der Familie bleibt – oder im Zuge der Immobilienverrentung ein Teilkauf-Unternehmen involviert ist. Wenden Sie sich vertrauensvoll an unsere Sachverständigen für Immobilien, wenn Sie den Wert Ihrer Immobilie mit Nießbrauch für einen (Teil-)Käufer oder das Finanzamt wissen möchten!
Häufige Fragen zu den Nießbrauch-Nachteilen
Wir beantworten die häufigsten Fragen zu den Nachteilen eines Nießbrauchs direkt auf dieser Seite.
Warum mindert ein Nießbrauch den Immobilienwert?
Ein Nießbrauch mindert den Verkehrswert einer Immobilie, da der Eigentümer die Immobilie weder selbst nutzen noch frei verkaufen kann. Der wirtschaftliche Nutzen liegt beim Nießbrauchberechtigten. Je jünger die berechtigte Person ist, desto länger gilt der Nießbrauch. Umso höher fällt der Wertabschlag aus. In vielen Fällen sinkt der Marktwert einer Immobilie durch Nießbrauch um 20 bis 50 Prozent.
Welche steuerlichen Nachteile hat Nießbrauch?
Steuerlich kann der Nießbrauch problematisch sein, weil die Immobilie weiterhin dem Schenker zugerechnet wird, wenn dieser die Erträge aus der Immobilie behält. Der Nießbrauchberechtigte muss Mieteinnahmen versteuern, während der neue Eigentümer keine Abschreibungen für Abnutzung (AfA geltend machen kann. Insbesondere wenn die Immobilie hohe Einnahmen generiert oder ein größerer Investitionsbedarf besteht, entstehen durch den Nießbrauch steuerliche Nachteile.
Welche rechtlichen Risiken bestehen für den Eigentümer?
Der Eigentümer bleibt trotz Nießbrauchs in der Pflicht, für größere Reparaturen, Instandhaltungen und Versicherungen aufzukommen. Gleichzeitig kann er die Immobilie nur mit Zustimmung des Nießbrauchers verkaufen oder belasten. Das führt in der Praxis dazu, dass er kaum noch frei über sein Eigentum verfügen kann. Vor allem bei späterem Verkaufsinteresse wird das häufig zu einem ernsten Hindernis.
Sorgt Nießbrauch für Konflikte?
Konflikte treten häufig zwischen Nießbraucher und Eigentümer auf. Sie entstehen etwa dann, wenn über Modernisierungen, Vermietungen oder die Nutzung des Hauses Uneinigkeit herrscht. Auch die Verteilung von Kosten, etwa für Instandhaltung oder Renovierungen, sorgt oft für Streit. Hinzu kommt die Frage, wer haftet, wenn die Immobilie leer steht oder Schäden entstehen. Solche Differenzen können im Extremfall vor Gericht enden und belasten insbesondere familiäre Verhältnisse erheblich.
Wann lohnt sich ein Nießbrauch nicht?
Es gibt einige Ausgangssituationen, in denen sich Nießbrauch für die Familie nicht lohnt.
- Wenn die Immobilie stark sanierungsbedürftig ist, trägt der Eigentümer weiterhin alle Kosten, obwohl er keinen Nutzen hat.
- Auch bei hohen Mieteinnahmen kann der Nießbrauch steuerlich nachteilig wirken.
- Wer in den nächsten Jahren verkaufen möchte, sollte ebenfalls vorsichtig sein, da der Nießbrauch die Veräußerung fast unmöglich macht.