Das Erbbaurecht ermöglicht die Nutzung eines Grundstücks, ohne dessen Eigentum zu erwerben – eine interessante Alternative zum klassischen Kauf. Doch wie wirkt sich das auf die Grund­er­werb­steu­er aus? In diesem Ratgeber erfahren Sie, wann bei einer Erbpacht Grund­er­werb­steu­er anfällt, wie sie berechnet wird und was Sie bei der Ver­trags­ge­stal­tung beachten sollten.

Ein Haus auf einem Erbbaugrundstück, das der Grunderwerbsteuer unterliegt.
Wenn Sie auf einem Erb­bau­grund­stück bauen, müssen Sie Grund­er­werb­steu­er zahlen, auch wenn Ihnen das Grundstück nicht gehört.

Das Wichtigste in Kürze

  • Erbbaurechte unterliegen der Grund­er­werb­steu­er, da sie grund­stücks­glei­che Rechte darstellen.
  • Die Grund­er­werb­steu­er bei Erbpacht bemisst sich nicht nach einem Kaufpreis, sondern auf Basis des kapitalisierten Erbbauzinses.
  • Steuerpflichtig sind insbesondere die Bestellung, Übertragung oder Verlängerung eines Erbbaurechts.

André Heid
Zertifizierte Im­mo­bi­li­en­gut­ach­ter nach DIN 17024 von TÜV, DEKRA, IHK, DIA und EIPOS bewerten Ihre Immobilie sachgemäß.

Was ist die Grund­er­werb­steu­er?

Die Grund­er­werb­steu­er ist eine einmalige Steuer, die beim Erwerb von Grundstücken und grund­stücks­glei­chen Rechten – wie dem Erbbaurecht – fällig wird. In Deutschland fällt sie bei nahezu allen entgeltlichen Grund­stücks­über­tra­gun­gen an, beispielsweise beim Hauskauf, einem Grund­stücks­ver­kauf, bei der Bestellung eines Erbbaurechts oder bei der Übertragung eines Erb­pacht­ver­trags. Ihre Höhe richtet sich nach dem Kaufpreis beziehungsweise dem Wert der Gegenleistung und dem jeweiligen Grund­er­werb­steu­er­satz, der je nach Bundesland zwischen 3,5 % und 6,5 % liegt.

Wann fällt Grund­er­werb­steu­er beim Erbbaurecht an?

Die Grund­er­werb­steu­er bei der Erbpacht fällt nicht nur beim Kauf eines Grundstücks an – auch die Bestellung, Übertragung oder Verlängerung eines Erbbaurechts kann steuerpflichtig sein. Entscheidend ist, dass das Erbbaurecht als grund­stücks­glei­ches Recht gilt. Deshalb unterliegt es in vielen Fällen denselben steuerlichen Regelungen wie ein Immobilienkauf.

Die wichtigsten steu­er­pflich­ti­gen Vorgänge

In folgenden Fällen fällt Grund­er­werb­steu­er bei Erb­bau­grund­stü­cken an:

  • Bestellung eines neuen Erbbaurechts: Wenn ein Grund­stücks­ei­gen­tü­mer erstmals ein Erbbaurecht einräumt, entsteht Grund­er­werb­steu­er auf die Gegenleistung – meist den auf die Ver­trags­lauf­zeit hochgerechneten Erbbauzins.
  • Übertragung eines bestehenden Erbbaurechts: Beim Verkauf eines Erbbaurechts (z. B. durch den Erb­bau­be­rech­tig­ten an einen Dritten) fällt ebenfalls Grund­er­werb­steu­er an – analog zum Grundstückskauf.
  • Verlängerung des Erbbaurechts: Wird ein bestehender Vertrag vor Ablauf verlängert, kann auch das als steu­er­pflich­ti­ge Gegenleistung gewertet werden. Ob Grund­er­werb­steu­er bei der Verlängerung anfällt, hängt vom konkreten Vertragsinhalt ab.
  • Aufhebung eines Erbbaurechts: In seltenen Fällen kann selbst die Aufhebung einer Erbpacht Grund­er­werb­steu­er auslösen, etwa wenn der Eigentümer dem Erb­bau­be­rech­tig­ten für den Verzicht auf das Recht eine Abfindung zahlt.

Wann keine Grund­er­werb­steu­er auf ein Erb­pacht­grund­stück anfällt

Nicht jeder Vorgang in Bezug auf Erbpacht ist automatisch grund­er­werb­steu­er­pflich­tig. Es gibt Ausnahmen: Schenkungen unter Lebenden und Erbschaften unterliegen nicht der Grund­er­werb­steu­er, sondern der Erbschaft- beziehungsweise Schen­kungs­steu­er. Unentgeltliche Übertragungen innerhalb der Familie sind unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei – beispielsweise bei der Übertragung von Eltern auf Kinder, also bei Verwandtschaft in gerade Linie.

Tipp: Lassen Sie jeden Fall individuell prüfen – insbesondere, wenn es um die Gestaltung langfristiger Erb­bau­rechts­ver­trä­ge oder deren Übertragung innerhalb der Familie geht. Ein Ver­kehrs­wert­gut­ach­ten schafft Klarheit und minimiert steuerliche Risiken.

Wie wird die Grund­er­werb­steu­er auf Erbbaurechte berechnet?

Die Berechnung der Grund­er­werb­steu­er bei Erbpacht unterscheidet sich von der Steu­er­be­rech­nung beim klassischen Grundstückskauf. Während dort der Kaufpreis die Be­mes­sungs­grund­la­ge bildet, ist es beim Erbbaurecht der kapitalisierte Wert des Erbbauzinses.

Beim Erbbaurecht wird in Bezug auf den Grunderwerb oft nur der Erbbauzins besteuert.

Ing. André Heid M. Sc.

Gesetzliche Grundlage

Rechtsgrundlage für die Besteuerung ist das Grund­er­werb­steu­er­ge­setz (GrEStG) in Verbindung mit dem Be­wer­tungs­ge­setz (BewG). Demnach wird bei der Bestellung eines Erbbaurechts der Wert der Gegenleistung herangezogen – also der jährliche Erbbauzins multipliziert mit einem gesetzlich definierten Vervielfältiger. Dieser richtet sich nach der Laufzeit und wird dem Be­wer­tungs­ge­setz (Anlage 9a BewG) entnommen.

Bei­spiel­rech­nung: So viel Grund­er­werb­steu­er zahlen Sie auf eine Erbpacht

Familie Müller aus Niedersachsen hat ein Erb­pacht­grund­stück von der Kirche in Aussicht. Die Grund­stücks­flä­che beträgt 600 Quadratmeter. Der unbelastete Bodenwert des baureifen Grundstücks liegt bei 110.000 Euro.
Die Hausbaukosten belaufen sich im Schnitt auf 1.300 Euro pro Quadratmeter. Bei 150 Quadratmeter liegen sie demnach bei 195.000 Euro.

Lesetipp: Einen Hausbaukosten-Rechner finden Sie in unserem verlinkten Ratgeber zu Baunebenkosten.

Die Laufzeit des Erbbaurechts beträgt 99 Jahre. Der Erbbauzins liegt jährlich bei vier Prozent des Grund­stück­werts.

Lesetipp: Erfahren Sie in unserem Ratgeber, wie die Ermittlung des Grund­stücks­werts abläuft.

Jährlicher Erbbauzins = Grundstückswert (110.000 €) x 0,04 = 4.400 €.

Mithilfe des Erbbauzinses und des Ver­viel­fäl­ti­gers lässt sich die Grund­er­werb­steu­er berechnen.

Grund­er­werb­steu­er (Erbbaurecht) = jährlicher Erbbauzins (4.400 €) x Vervielfältiger (18,589) x Grund­er­werb­steu­er­satz (0,05) = 4.089,58 €.

Da das Grund­er­werb­steu­er­ge­setz eine Abrundung auf volle Euro vorsieht, fallen für Familie Müller 4.089 Euro an Grund­er­werb­steu­er an.

Die Gesamtkosten für den Hauskauf mit Erbbaurecht belaufen sich auf 640.789 Euro, die sich aus diesen Einzelposten zusammensetzen:

  • 435.600 Euro Erbbauzins (hochgerechnet auf 99 Jahre),
  • 195.000 Euro Hausbaukosten,
  • 6.100 Euro für Notar- und Grundbuchkosten (2% des Kaufpreises),
  • 4.089 Euro Grund­er­werb­steu­er.

In jedem Fall zeigt sich: Eine korrekte Berechnung der Grund­er­werb­steu­er bei Erbpacht erfordert präzise Daten. Gerade bei komplexen Ver­trags­mo­del­len empfiehlt sich die Einschaltung eines Sach­ver­stän­di­gen. Unsere öffentlich bestellten und vereidigten Sach­ver­stän­di­gen unterstützen Sie mit fundierten Ver­kehrs­wert­gut­ach­ten, steuerlich relevanten Bewertungen und individueller Beratung. Vermeiden Sie teure Fehler bei der Ver­trags­ge­stal­tung!

Häufige Fragen zur Grund­er­werb­steu­er bei Erbpacht

In diesem Abschnitt beantworten wir oft gestellte Fragen zur Grund­er­werb­steu­er bei Erb­pacht­grund­stü­cken.

Muss ich auch Grund­er­werb­steu­er zahlen, wenn ich nur Mieter auf einem Erb­bau­rechts­grund­stück bin?

Nein. Als Mieter eines Gebäudes auf einem Erb­pacht­grund­stück sind Sie nicht Erb­bau­be­rech­tig­ter, sondern lediglich Nutzer. Grund­er­werb­steu­er fällt nur bei der Bestellung, Übertragung oder Verlängerung des Erbbaurechts an – nicht bei normalen Mietverträgen.

Wer zahlt die Grund­er­werb­steu­er bei einem Erb­bau­rechts­ver­trag?

In der Praxis wird die Grund­er­werb­steu­er vom Erb­bau­be­rech­tig­ten getragen, da dieser das Recht erwirbt und als Vertragspartner gegenüber dem Finanzamt gilt. Theoretisch kann aber auch eine abweichende Vereinbarung im Vertrag getroffen werden.

Wie unterscheidet sich die steuerliche Behandlung von privaten und gewerblichen Erbpachten?

Für private und gewerbliche Erbbaurechte gelten grundsätzlich dieselben Regelungen. Bei gewerblicher Nutzung kann unter Umständen ein Vorsteuerabzug möglich sein und die Grund­er­werb­steu­er als Betriebsausgabe berücksichtigt werden. Das sollten Sie mit Ihrem Steuerberater individuell klären.

Was passiert, wenn das Erbbaurecht vorzeitig beendet wird?

Die Grund­er­werb­steu­er ist eine einmalige Steuer auf den Erwerb des Erbbaurechts. Wird das Recht später vorzeitig aufgehoben oder zurückgegeben, erfolgt keine Rückerstattung der bereits gezahlten Steuer.