Das Erbbaurecht ermöglicht die Nutzung eines Grundstücks, ohne dessen Eigentum zu erwerben – eine interessante Alternative zum klassischen Kauf. Doch wie wirkt sich das auf die Grunderwerbsteuer aus? In diesem Ratgeber erfahren Sie, wann bei einer Erbpacht Grunderwerbsteuer anfällt, wie sie berechnet wird und was Sie bei der Vertragsgestaltung beachten sollten.

Das Wichtigste in Kürze
- Erbbaurechte unterliegen der Grunderwerbsteuer, da sie grundstücksgleiche Rechte darstellen.
- Die Grunderwerbsteuer bei Erbpacht bemisst sich nicht nach einem Kaufpreis, sondern auf Basis des kapitalisierten Erbbauzinses.
- Steuerpflichtig sind insbesondere die Bestellung, Übertragung oder Verlängerung eines Erbbaurechts.
Was ist die Grunderwerbsteuer?
Die Grunderwerbsteuer ist eine einmalige Steuer, die beim Erwerb von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten – wie dem Erbbaurecht – fällig wird. In Deutschland fällt sie bei nahezu allen entgeltlichen Grundstücksübertragungen an, beispielsweise beim Hauskauf, einem Grundstücksverkauf, bei der Bestellung eines Erbbaurechts oder bei der Übertragung eines Erbpachtvertrags. Ihre Höhe richtet sich nach dem Kaufpreis beziehungsweise dem Wert der Gegenleistung und dem jeweiligen Grunderwerbsteuersatz, der je nach Bundesland zwischen 3,5 % und 6,5 % liegt.
Wann fällt Grunderwerbsteuer beim Erbbaurecht an?
Die Grunderwerbsteuer bei der Erbpacht fällt nicht nur beim Kauf eines Grundstücks an – auch die Bestellung, Übertragung oder Verlängerung eines Erbbaurechts kann steuerpflichtig sein. Entscheidend ist, dass das Erbbaurecht als grundstücksgleiches Recht gilt. Deshalb unterliegt es in vielen Fällen denselben steuerlichen Regelungen wie ein Immobilienkauf.
Die wichtigsten steuerpflichtigen Vorgänge
In folgenden Fällen fällt Grunderwerbsteuer bei Erbbaugrundstücken an:
- Bestellung eines neuen Erbbaurechts: Wenn ein Grundstückseigentümer erstmals ein Erbbaurecht einräumt, entsteht Grunderwerbsteuer auf die Gegenleistung – meist den auf die Vertragslaufzeit hochgerechneten Erbbauzins.
- Übertragung eines bestehenden Erbbaurechts: Beim Verkauf eines Erbbaurechts (z. B. durch den Erbbauberechtigten an einen Dritten) fällt ebenfalls Grunderwerbsteuer an – analog zum Grundstückskauf.
- Verlängerung des Erbbaurechts: Wird ein bestehender Vertrag vor Ablauf verlängert, kann auch das als steuerpflichtige Gegenleistung gewertet werden. Ob Grunderwerbsteuer bei der Verlängerung anfällt, hängt vom konkreten Vertragsinhalt ab.
- Aufhebung eines Erbbaurechts: In seltenen Fällen kann selbst die Aufhebung einer Erbpacht Grunderwerbsteuer auslösen, etwa wenn der Eigentümer dem Erbbauberechtigten für den Verzicht auf das Recht eine Abfindung zahlt.
Wann keine Grunderwerbsteuer auf ein Erbpachtgrundstück anfällt
Nicht jeder Vorgang in Bezug auf Erbpacht ist automatisch grunderwerbsteuerpflichtig. Es gibt Ausnahmen: Schenkungen unter Lebenden und Erbschaften unterliegen nicht der Grunderwerbsteuer, sondern der Erbschaft- beziehungsweise Schenkungssteuer. Unentgeltliche Übertragungen innerhalb der Familie sind unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei – beispielsweise bei der Übertragung von Eltern auf Kinder, also bei Verwandtschaft in gerade Linie.
Tipp: Lassen Sie jeden Fall individuell prüfen – insbesondere, wenn es um die Gestaltung langfristiger Erbbaurechtsverträge oder deren Übertragung innerhalb der Familie geht. Ein Verkehrswertgutachten schafft Klarheit und minimiert steuerliche Risiken.
Wie wird die Grunderwerbsteuer auf Erbbaurechte berechnet?
Die Berechnung der Grunderwerbsteuer bei Erbpacht unterscheidet sich von der Steuerberechnung beim klassischen Grundstückskauf. Während dort der Kaufpreis die Bemessungsgrundlage bildet, ist es beim Erbbaurecht der kapitalisierte Wert des Erbbauzinses.

Beim Erbbaurecht wird in Bezug auf den Grunderwerb oft nur der Erbbauzins besteuert.
Ing. André Heid M. Sc.
Gesetzliche Grundlage
Rechtsgrundlage für die Besteuerung ist das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) in Verbindung mit dem Bewertungsgesetz (BewG). Demnach wird bei der Bestellung eines Erbbaurechts der Wert der Gegenleistung herangezogen – also der jährliche Erbbauzins multipliziert mit einem gesetzlich definierten Vervielfältiger. Dieser richtet sich nach der Laufzeit und wird dem Bewertungsgesetz (Anlage 9a BewG) entnommen.
Beispielrechnung: So viel Grunderwerbsteuer zahlen Sie auf eine Erbpacht
Familie Müller aus Niedersachsen hat ein Erbpachtgrundstück von der Kirche in Aussicht. Die Grundstücksfläche beträgt 600 Quadratmeter. Der unbelastete Bodenwert des baureifen Grundstücks liegt bei 110.000 Euro.
Die Hausbaukosten belaufen sich im Schnitt auf 1.300 Euro pro Quadratmeter. Bei 150 Quadratmeter liegen sie demnach bei 195.000 Euro.
Lesetipp: Einen Hausbaukosten-Rechner finden Sie in unserem verlinkten Ratgeber zu Baunebenkosten.
Die Laufzeit des Erbbaurechts beträgt 99 Jahre. Der Erbbauzins liegt jährlich bei vier Prozent des Grundstückwerts.
Lesetipp: Erfahren Sie in unserem Ratgeber, wie die Ermittlung des Grundstückswerts abläuft.
Jährlicher Erbbauzins = Grundstückswert (110.000 €) x 0,04 = 4.400 €.
Mithilfe des Erbbauzinses und des Vervielfältigers lässt sich die Grunderwerbsteuer berechnen.
Grunderwerbsteuer (Erbbaurecht) = jährlicher Erbbauzins (4.400 €) x Vervielfältiger (18,589) x Grunderwerbsteuersatz (0,05) = 4.089,58 €.
Da das Grunderwerbsteuergesetz eine Abrundung auf volle Euro vorsieht, fallen für Familie Müller 4.089 Euro an Grunderwerbsteuer an.
Die Gesamtkosten für den Hauskauf mit Erbbaurecht belaufen sich auf 640.789 Euro, die sich aus diesen Einzelposten zusammensetzen:
- 435.600 Euro Erbbauzins (hochgerechnet auf 99 Jahre),
- 195.000 Euro Hausbaukosten,
- 6.100 Euro für Notar- und Grundbuchkosten (2% des Kaufpreises),
- 4.089 Euro Grunderwerbsteuer.
In jedem Fall zeigt sich: Eine korrekte Berechnung der Grunderwerbsteuer bei Erbpacht erfordert präzise Daten. Gerade bei komplexen Vertragsmodellen empfiehlt sich die Einschaltung eines Sachverständigen. Unsere öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen unterstützen Sie mit fundierten Verkehrswertgutachten, steuerlich relevanten Bewertungen und individueller Beratung. Vermeiden Sie teure Fehler bei der Vertragsgestaltung!
Häufige Fragen zur Grunderwerbsteuer bei Erbpacht
In diesem Abschnitt beantworten wir oft gestellte Fragen zur Grunderwerbsteuer bei Erbpachtgrundstücken.
Muss ich auch Grunderwerbsteuer zahlen, wenn ich nur Mieter auf einem Erbbaurechtsgrundstück bin?
Nein. Als Mieter eines Gebäudes auf einem Erbpachtgrundstück sind Sie nicht Erbbauberechtigter, sondern lediglich Nutzer. Grunderwerbsteuer fällt nur bei der Bestellung, Übertragung oder Verlängerung des Erbbaurechts an – nicht bei normalen Mietverträgen.
Wer zahlt die Grunderwerbsteuer bei einem Erbbaurechtsvertrag?
In der Praxis wird die Grunderwerbsteuer vom Erbbauberechtigten getragen, da dieser das Recht erwirbt und als Vertragspartner gegenüber dem Finanzamt gilt. Theoretisch kann aber auch eine abweichende Vereinbarung im Vertrag getroffen werden.
Wie unterscheidet sich die steuerliche Behandlung von privaten und gewerblichen Erbpachten?
Für private und gewerbliche Erbbaurechte gelten grundsätzlich dieselben Regelungen. Bei gewerblicher Nutzung kann unter Umständen ein Vorsteuerabzug möglich sein und die Grunderwerbsteuer als Betriebsausgabe berücksichtigt werden. Das sollten Sie mit Ihrem Steuerberater individuell klären.
Was passiert, wenn das Erbbaurecht vorzeitig beendet wird?
Die Grunderwerbsteuer ist eine einmalige Steuer auf den Erwerb des Erbbaurechts. Wird das Recht später vorzeitig aufgehoben oder zurückgegeben, erfolgt keine Rückerstattung der bereits gezahlten Steuer.