Wenn Grundstücke verkauft werden, haben unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur private Käufer Interesse – auch Kommunen können eingreifen. Das sogenannte Vorkaufsrecht der Gemeinde erlaubt es, ein Grundstück zu den gleichen Bedingungen wie ein Drittkäufer zu übernehmen. Was dahintersteckt, wann es greift und wie Sie das Vorkaufsrecht der Gemeinde abwenden können, erfahren Sie hier.

Das Wichtigste in Kürze
- Das gesetzliche Vorkaufsrecht der Gemeinde ist im Baugesetzbuch (§§ 24 – 28 BauGB) geregelt.
- Voraussetzung ist ein Verkauf an einen Dritten – nicht bei Schenkung oder Erbschaft.
- Die Gemeinde hat drei Monate Zeit, das Vorkaufsrecht auszuüben.
- Der Kaufpreis kann auf den Verkehrswert begrenzt werden, auch wenn im Kaufvertrag ein höherer Preis vereinbart wurde.
- Verzichtet die Gemeinde, erhält der Verkäufer ein Negativzeugnis. Dieses ist zwingend erforderlich für die Grundbucheintragung.
Wann hat die Gemeinde ein Vorkaufsrecht?
Das gesetzliche Vorkaufsrecht der Gemeinde tritt nicht automatisch bei jedem Immobilienverkauf in Kraft. Es gilt nur unter bestimmten Voraussetzungen, die im Baugesetzbuch klar geregelt sind (§ 24 BauGB). Der Kauf muss zudem durch einen rechtsgültigen Vertrag mit einem Drittkäufer begründet sein.
Typische Fälle, in denen die Gemeinde ein Vorkaufsrecht hat:
- Das Grundstück liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der eine Nutzung für öffentliche Zwecke vorsieht – zum Beispiel als Verkehrsfläche, Schulstandort oder Grünanlage.
- Es liegt in einem Sanierungsgebiet, Umlegungsgebiet oder Entwicklungsbereich.
- Es befindet sich in einem Überschwemmungsgebiet oder ist für Naturschutz, Landschaftspflege oder Erholung relevant.
- Ist das Gebiet als Wohnbaufläche im Flächennutzungsplan vorgesehen, kann dies bei unbebauten Grundstücken bereits ohne Bebauungsplan ein Vorkaufsrecht der Kommune auslösen.
Darüber hinaus kann die Gemeinde durch Satzung ein besonderes Vorkaufsrecht festlegen – zum Beispiel für Gebiete, die künftig städtebaulich entwickelt werden sollen.

Das Vorkaufsrecht der Gemeinde ist ein scharfes Instrument der Stadtentwicklung. Wer verkaufen will, sollte frühzeitig prüfen, ob und wie es greift.
Ing. André Heid M. Sc.
Lesetipp: Mehr zum Vorkaufsrecht im Allgemeinen, zum Vorkaufsrecht für Mieter, zum Vorkaufsrecht für Landwirte oder zum Vorkaufsrecht unter Familienangehörigen erfahren Sie in den verlinkten Beiträgen.
Wann lässt sich das Vorkaufsrecht der Gemeinde abwenden?
In bestimmten Fällen können Eigentümer das Vorkaufsrecht der Gemeinde abwenden. Dazu zählen:
- Verkauf an Familienangehörige (z. B. Kinder, Geschwister, Schwager)
- Verkauf an Religionsgemeinschaften oder öffentliche Bedarfsträger
- Der Verkäufer kann das Vorkaufsrecht der Gemeinde abwenden, wenn der Käufer glaubhaft macht, dass er das Grundstück planungsrechtlich korrekt nutzt. Beispielsweise durch eine Selbstverpflichtung zur Bebauung im Einklang mit dem Flächennutzungsplan.
Beispiel: Wohnt beispielsweise eine Pflegekraft im Haus und kauft die Immobilie vom Eigentümer, der ins Pflegeheim zieht, kann die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht nicht ausüben. Die enge persönliche Verbindung und das gemeinsame Wohnen können ausreichen, um das Vorkaufsrecht der Kommune zu umgehen.
Neben dem gemeindlichen Vorkaufsrecht gelten in bestimmten Fällen auch gesetzliche Regelungen für den Umwelt- und Naturschutz. Diese greifen insbesondere dann, wenn Grundstücke in ökologisch sensiblen Gebieten liegen. Laut § 66 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) besteht ein Vorkaufsrecht der Länder, wenn:
- das Grundstück in einem Nationalpark oder Naturschutzgebiet liegt,
- sich auf dem Grundstück Naturdenkmäler befinden oder
- oberirdische Gewässer vorhanden sind.
Die Ausübung dieses Vorkaufsrechts ist nur zulässig, wenn es dem Schutz von Natur, Landschaft oder der Erholung dient. Es kann auch zugunsten Dritter erfolgen – beispielsweise für anerkannte Naturschutzvereine oder öffentlich-rechtliche Stiftungen. Wichtig: Die konkrete Ausgestaltung ist Ländersache. In den Landesgesetzen finden sich oft spezielle Vorgaben, die vor dem Verkauf einer naturnahen Fläche beachtet werden müssen.
Wie läuft das gemeindliche Vorkaufsrecht ab?
Nach Abschluss des Kaufvertrags informiert der Notar die Gemeinde über den Verkauf. Die Gemeinde hat dann drei Monate Frist, um ihr Recht auszuüben (§ 28 BauGB). Der Ablauf:
- Mitteilungspflicht: Der Notar übermittelt den Kaufvertrag an die Gemeinde.
- Entscheidung: Die Gemeinde prüft, ob sie ein Vorkaufsrecht besitzt – und ob sie es ausüben will.
- Negativzeugnis: Verzichtet sie, wird ein Negativzeugnis ausgestellt – andernfalls geht das Grundstück auf die Gemeinde über.
- Kaufpreis: Weicht der im Kaufvertrag vereinbarte Preis deutlich vom Verkehrswert ab, muss die Gemeinde nur den Verkehrswert zahlen. In diesem Fall darf der Verkäufer vom Vertrag zurücktreten.
Das sollten Sie beachten, wenn die Gemeinde ein Vorkaufsrecht hat
Das gesetzliche Vorkaufsrecht der Gemeinde dient dem Allgemeinwohl und kann den Immobilienverkauf in bestimmten Fällen beeinflussen. Verkäufer sollten frühzeitig prüfen, ob das Grundstück in einem Vorkaufsgebiet liegt – oder sich durch Bebauungspläne oder Satzungen ein solches Recht ergibt. Im Zweifelsfall hilft ein Gespräch mit dem Notar oder ein Gutachten zur Planungssicherheit.
Sie möchten den Verkehrswert Ihrer Immobilie professionell bestimmen lassen – etwa zur Absicherung gegen einen zu niedrigen Gemeinde-Kaufpreis? Die Sachverständigen der Heid Immobilienbewertung erstellen rechtssichere Verkehrswertgutachten. Damit sind Sie bestens vorbereitet – egal, ob ein Vorkaufsrecht besteht oder nicht.