Wenn Nichten oder Neffen erben, greift das Finanzamt besonders streng zu. Sie zählen steuerlich nicht zu den engen Angehörigen und fallen dadurch in eine ungünstigere Erbschaftsteuerklasse. Für viele Neffen und Nichten des verstorbenen Onkels kommt das überraschend, vor allem, wenn es um Immobilien oder größere Geldbeträge geht.
In diesem Ratgeber erfahren Sie, wann Erbschaftsteuer für Nichten und Neffen anfällt, welche Freibeträge und Steuersätze gelten und wie eine professionelle Immobilienbewertung dabei hilft, die Steuerlast zu senken.
- Nichten und Neffen gehören steuerlich zur Steuerklasse II. Sie gelten nicht als enge Angehörige und profitieren deshalb nur von einem Freibetrag von 20.000 Euro.
- Die Erbschaftsteuer wird fällig, sobald der Wert des geerbten Vermögens diesen Freibetrag übersteigt.
- Die Steuersätze liegen je nach Nachlasswert zwischen 15 und 43 Prozent. Sobald Neffen und Nichten eine Immobilie erben, kann die Steuerlast schnell fünfstellig werden.
- Maßgeblich ist der gemeine Wert der Immobilie (§ 9 Bewertungsgesetz, BewG), also der Marktwert zum Zeitpunkt des Erbfalls.
- Mit einem Verkehrswertgutachten durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen lässt sich der tatsächliche Marktwert belegen und die Steuerlast senken.
Wann wird Erbschaftsteuer für Nichten und Neffen fällig?
Die Erbschaftsteuer für Nichten und Neffen fällt immer dann an, wenn der Wert des geerbten Vermögens den gesetzlich festgelegten Freibetrag übersteigt. Für Nichten und Neffen liegt dieser bei 20.000 Euro. Alles, was darüber hinausgeht, muss nach den Steuersätzen der Steuerklasse II versteuert werden.
Maßgeblich ist dabei der sogenannte gemeine Wert der Immobilie (§ 9 BewG). Er beschreibt den Betrag, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt werden könnte, also den Marktwert der Immobilie zum Zeitpunkt des Erbfalls. Allerdings berücksichtigt er keine besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmale, die ein zertifizierter Immobiliengutachter zum Nachweis eines realistischeren Wertes einflechtet.
Welche Erbfolge gilt für Nichten und Neffen?
Neben der steuerlichen Einstufung spielt auch die gesetzliche Erbfolge eine wichtige Rolle: sie entscheidet, ob Nichten und Neffen überhaupt erben.
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gehören Nichten und Neffen zu den Erben zweiter Ordnung. Sie rücken in der gesetzlichen Erbfolge nur dann nach, wenn ihre Eltern, also die Geschwister des Erblassers, bereits verstorben sind.
In der Praxis bedeutet das:
- Leben Kinder oder Enkel des Erblassers, gehen Nichten und Neffen leer aus.
- Leben keine direkten Nachkommen, aber die Eltern des Erblassers, erben zunächst die Eltern.
- Erst wenn diese ebenfalls verstorben sind, treten Geschwister oder deren Kinder (Nichten und Neffen) an ihre Stelle.
- Gibt es mehrere Nichten und Neffen, erben sie zu gleichen Teilen.
Unabhängig davon können Nichten und Neffen natürlich durch Testament oder Vermächtnis bedacht werden. Dann gelten die gesetzlichen Steuerregeln dennoch unverändert.
Ein Pflichtteilsrecht besteht für Nichten und Neffen nicht. Sie gehören rechtlich und steuerlich zu den entfernteren Verwandten. Entsprechend ungünstig sind die steuerlichen Bedingungen. Das erklärt, warum die Erbschaftsteuer für Nichten und Neffen in vielen Fällen überraschend hoch ausfällt.
Schenkung an Nichten oder Neffen: gleiche Regeln, andere Chancen
Für Schenkungen gelten dieselben Freibeträge und Steuersätze wie bei einer Erbschaft. Der Unterschied: Schenkungen können alle zehn Jahre erneut steuerfrei erfolgen. Wer Vermögen frühzeitig überträgt, kann die Steuerlast langfristig senken und Nachlassstreitigkeiten vermeiden. Mehr dazu lesen Sie in unserem Ratgeber Spartipps zur Schenkungssteuer.
Wann Nichten und Neffen besonders häufig erben
In der Praxis erben Nichten und Neffen häufig dann, wenn keine direkten Nachkommen des Erblassers vorhanden sind. Meist handelt es sich um Immobilien oder Vermögenswerte, die über Generationen in der Familie geblieben sind. In diesen Fällen trifft sie die Erbschaftsteuer oft unerwartet.
- Eine Nichte erbt das Haus ihrer verstorbenen Tante.
Die Tante war kinderlos, das Haus wurde über Jahrzehnte gehalten. Der hohe Immobilienwert führt schnell zu einer spürbaren Steuerlast. - Ein Neffe wird Miterbe eines Mehrfamilienhauses.
Neben weiteren Angehörigen erhält er einen Anteil an der Immobilie. Bei einer späteren Auszahlung oder einem Verkauf spielt die Immobilienbewertung eine zentrale Rolle für die Steuerberechnung. - Mehrere Nichten und Neffen erben gemeinsam ein Haus.
Wird das geerbte Haus verkauft, entscheidet der Verkehrswert über die Höhe der zu zahlenden Erbschaftsteuer.
Gerade in diesen Fällen ist eine fundierte Immobilienbewertung entscheidend. Sie sorgt nicht nur für eine faire Aufteilung innerhalb der Erbengemeinschaft, sondern kann auch helfen, die Steuerlast realistisch zu bemessen und zu reduzieren.
Verschaffen Sie sich vorab gerne einen eigenen Eindruck von unseren Gutachten. Wir stellen Ihnen ein exemplarisches Verkehrswertgutachten zur Verfügung. Darin weist der Sachverständige einen deutlich niedrigeren gemeinen Wert nach als das Finanzamt gerne veranschlagt hätte.
Erbschaftsteuer für Neffen und Nichten: Freibetrag & Steuerklasse
Viele Nichten und Neffen erfahren erst im Erbfall, wie gering ihr steuerlicher Freibetrag tatsächlich ist. Obwohl sie zur Familie gehören, werden sie vom Finanzamt nicht als nahe Angehörige behandelt. Sie zählen zur Steuerklasse II und profitieren daher nur von einem Freibetrag von 20.000 Euro.
| Verwandtschaft | Freibetrag | Steuerklasse |
| Ehepartner / Lebenspartner | 500.000 € | I |
| Kinder | 400.000 € | I |
| Enkel | 200.000 € | I |
| Großeltern | 100.000 € | I |
| Nichten und Neffen | 20.000 € | II |
| Nicht verwandte Erben | 20.000 € | III |
Gerade bei Immobilienerbschaften führt dieser geringe Freibetrag oft zu Überraschungen. Ein kleines Einfamilienhaus oder eine Wohnung übersteigt die Grenze deutlich. Selbst ein unbebautes Grundstück kann die Grenze deutlich übersteigen. Da der Marktwert die Bemessungsgrundlage bildet, ist fast jedes Erbe steuerpflichtig.
In der Beratungspraxis zeigt sich häufig:
- Emotionale Nähe ersetzt keine steuerliche Begünstigung. Auch wenn ein Onkel seine Nichte wie eine Tochter behandelt, erkennt das Finanzamt diesen familiären Bezug nicht an.
- Fehlende Vorbereitung erhöht die Steuerbelastung. Wer frühzeitig über mögliche Erbfälle spricht, kann mit Gutachten und Nachlassplanung gezielt gegensteuern.
Gerade bei Nichten und Neffen wird die Erbschaftsteuer oft unterschätzt. Ohne frühzeitige Bewertung kann selbst eine kleine Immobilie zu einer spürbaren Steuerbelastung führen.
Ing. André Heid M.Sc.
Erbschaftsteuer-Tabelle: So hoch ist die Steuerlast für Nichten und Neffen
Die Höhe der Erbschaftsteuer für Nichten und Neffen richtet sich nach der Erbschaftsteuerklasse. Beide zählen zur Steuerklasse II. Damit gelten für sie ungünstigere Bedingungen als für enge Familienangehörige. Der Freibetrag ist niedrig, die Steuersätze steigen schnell an.
| Wert der Erbschaft (nach Abzug des Freibetrags) | Steuersatz Steuerklasse II |
| bis 75.000 € | 15 % |
| bis 300.000 € | 20 % |
| bis 600.000 € | 25 % |
| bis 6 Mio. € | 30 % |
| bis 13 Mio. € | 35 % |
| bis 26 Mio. € | 40 % |
| über 26 Mio. € | 43 % |
Für Nichten und Neffen bedeutet das: Schon ein Erbe im mittleren sechsstelligen Bereich kann zu einer erheblichen Steuerlast führen. Da der Freibetrag nur 20.000 Euro beträgt, entsteht die Steuerpflicht oft bereits bei kleineren Immobilien oder Geldbeträgen.
In der Praxis kommt die Steuer für viele überraschend, vor allem, wenn das geerbte Haus oder Grundstück über Jahre an Wert gewonnen hat. Ohne frühzeitige Bewertung oder Nachlassplanung lässt sich die Steuerbelastung kaum vermeiden.
Erbschaftsteuer für Nichten und Neffen clever senken
Nichten und Neffen können ihre Erbschaftsteuer deutlich reduzieren, wenn sie wissen, welche Faktoren den steuerpflichtigen Nachlass beeinflussen. Entscheidend sind vor allem abzugsfähige Kosten, gesetzliche Abschläge und eine realistische Immobilienbewertung.
Abzugsfähige Nachlasskosten richtig nutzen
Das Finanzamt berücksichtigt pauschal 15.000 Euro für typische Erbfallkosten wie Bestattung, Grabpflege und unmittelbare Regelungen rund um den Todesfall. Diese Summe wird ohne Nachweise anerkannt und mindert den steuerpflichtigen Nachlass. Entstehen höhere Kosten, können diese mit Belegen geltend gemacht werden.
Immobilien richtig bewerten lassen
Gerade bei Immobilien, die über viele Jahre in Familienbesitz waren, kommt es oft zu Bewertungsfehlern. Das Finanzamt ermittelt den Steuerwert meist nach standardisierten Verfahren, die weder Renovierungsstau, Denkmalschutz noch Marktlage berücksichtigen.
Ein Verkehrswertgutachten durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zeigt den tatsächlichen Marktwert. Liegt dieser unter dem geschätzten Steuerwert, reduziert sich die Bemessungsgrundlage und damit die Erbschaftsteuer.
Praxisbeispiel: Neffe spart Erbschaftsteuer durch realistische Bewertung
Ein Neffe erbt von seiner Tante ein Einfamilienhaus, das das Finanzamt mit 400.000 Euro bewertet.
Nach Abzug des Freibetrags von 20.000 Euro ergibt sich eine Bemessungsgrundlage von 380.000 Euro.
→ Steuerlast (25 % in Steuerklasse II): 95.000 Euro
Ein unabhängiges Gutachten weist einen tatsächlichen Verkehrswert von 340.000 Euro nach.
Nach Abzug des Freibetrags liegt die Bemessungsgrundlage jetzt bei 320.000 Euro.
→ Steuerlast: 80.000 Euro
Ergebnis: Durch das Gutachten spart der Erbe 15.000 Euro Erbschaftsteuer. Dieser Unterschied entsteht allein durch eine realistische Bewertung durch einen anerkannten Experten.
Abschläge und Gestaltungsmöglichkeiten
Für zu Wohnzwecken vermietete Immobilien gilt gemäß Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz ein gesetzlicher Abschlag von zehn Prozent auf den steuerlichen Wert (§13d ErbStG).
Darüber hinaus können frühzeitige Schenkungen eine Option sein: Sie unterliegen denselben Freibeträgen, lassen sich aber mit strategischer Planung über mehrere Jahre hinweg steuerschonend gestalten.
Keine Steuerbefreiung für das Familienheim bei Nichten und Neffen
Die Steuerbefreiung für selbstgenutzte Familienheime gilt ausschließlich für Ehepartner und Kinder. Nichten und Neffen können diese Vergünstigung nicht nutzen. Selbst dann nicht, wenn sie im Haus gewohnt haben oder es weiter bewohnen möchten.
Erbschaftsteuer einfach berechnen: so funktioniert es für Nichten und Neffen
Sie möchten wissen, wie hoch Ihre Erbschaftsteuer als Nichte oder Neffe ausfallen könnte? Nutzen Sie direkt hier unseren Erbschaftsteuer-Rechner, um Ihre persönliche Steuerlast zu ermitteln.
Tragen Sie einfach den Nachlasswert, die Steuerklasse II und mögliche abzugsfähige Kosten ein. Der Rechner zeigt Ihnen sofort, welche Steuer auf Ihr Erbe voraussichtlich entfällt.
Häufige Fragen zur Erbschaftsteuer bei Nichten und Neffen
Viele Nichten und Neffen sind überrascht, wie streng das Finanzamt bei der Erbschaftsteuer vorgeht. Hier beantworten wir die häufigsten Fragen aus unserer Beratungspraxis.
Wie hoch ist der Freibetrag bei der Erbschaftsteuer für Nichten und Neffen?
Der Freibetrag für Nichten und Neffen beträgt 20.000 Euro. Liegt der Wert des Erbes darüber, wird der übersteigende Betrag versteuert.
Wie wird die Erbschaftsteuer für Nichten und Neffen berechnet?
Die Steuer berechnet sich aus dem Wert des Nachlasses minus Freibetrag. Grundlage ist der sogenannte gemeine Wert nach § 9 Bewertungsgesetz, also der vom Finanzamt festgestellte Steuerwert nach dem Bewertungsgesetz.
Auf den verbleibenden Betrag wird der passende Steuersatz angewendet. Die Steuer richtet sich nach der Steuerklasse II, die für entfernte Verwandte gilt. Je nach Höhe der Erbschaft steigt der Steuersatz stufenweise auf bis zu 43 Prozent.
Müssen Nichten und Neffen auch bei einer geerbten Immobilie Erbschaftsteuer zahlen?
Ja. Sobald der Wert der geerbten Immobilie den Freibetrag übersteigt, fällt Erbschaftsteuer an. Das gilt sowohl für Häuser und Wohnungen als auch für Grundstücke.
Entscheidend ist die Immobilienbewertung: Liegt der tatsächliche Marktwert unter dem vom Finanzamt angesetzten Steuerwert, kann ein Verkehrswertgutachten helfen, die Steuerlast zu senken.
Was gilt bei Schenkungen an Nichten und Neffen?
Für Schenkungen an Nichte oder Neffe gelten die gleichen Freibeträge und Steuersätze wie bei einer Erbschaft. Wer frühzeitig Vermögen überträgt, kann Freibeträge alle zehn Jahre erneut nutzen. Eine durchdachte Nachlassplanung in Verbindung mit einem Gutachten kann dabei helfen, spätere Steuerbelastungen zu vermeiden.
Wie können Nichten und Neffen die Erbschaftsteuer auf Immobilien senken?
Die Steuerlast lässt sich durch verschiedene Maßnahmen reduzieren:
- Abzugsfähige Nachlasskosten wie Bestattung oder Nachlassabwicklung senken die Bemessungsgrundlage.
- Für zu Wohnzwecken vermietete Immobilien gilt ein gesetzlicher Abschlag von 10 Prozent auf den steuerlichen Wert (§ 13d ErbStG).
- Am wichtigsten ist eine realistische Immobilienbewertung. Ein professionelles Gutachten kann den wahren Marktwert nachweisen und so eine zu hohe Steuer verhindern.