Sie möchten Ihre Immobilie an die nächste Generation weitergeben – aber weiter darin wohnen? Dann stehen Sie vor der Entscheidung: Wohnrecht oder Nießbrauch? Beide Rechte sichern den Verbleib im Haus oder in der Wohnung, unterscheiden sich jedoch deutlich in ihren Auswirkungen. Wer die Besonderheiten von Wohnrecht und Nießbraucht kennt, trifft die bessere Entscheidung – für sich selbst und für seine Familie.

Das Wichtigste in Kürze
- Wohnrecht ist beschränkt: Es erlaubt nur das eigene Wohnen.
- Nießbrauch erlaubt mehr: Sie dürfen darin wohnen und zusätzlich vermieten.
- Ob Wohnrecht oder Nießbrauch für Sie besser geeignet ist, hängt von Ihrer Lebenssituation ab.
Wohnrecht vs. Nießbrauch – was sie voneinander unterscheidet
Beide Rechte gehören zu den sogenannten Nutzungsrechten an Immobilien. Während das Wohnrecht ausschließlich das Wohnen in der Immobilie erlaubt, gewährt der Nießbrauch umfassendere Rechte.
Merkmal | Wohnrecht | Nießbrauch |
Nutzung | Eigene Wohnnutzung | Nutzung und Vermietung |
Einnahmen möglich | Nein | Ja (Mieteinnahmen) |
Übertragbar/vererbbar | Nein | Nein |
Einfluss auf Immobilienwert | Wertmindernd | Stark wertmindernd |
Steuerliche Wirkung | Geringere Schenkungssteuer | Höhere Reduzierung möglich |
Im Grundbuch eingetragen | Ja (als Dienstbarkeit) | Ja (als dingliches Recht) |
Im Pflegefall auflösbar? | Eher ja | Eher nein |
Wohnrecht oder Nießbrauch: was passt zu welcher Lebenssituation?
Welche Regelung die richtige ist, hängt stark davon ab, wen Sie absichern möchten und welche Ziele Sie verfolgen. Auch bei Pflegebedürftigkeit spielt der Vergleich von Wohnrecht oder Nießbrauch im Pflegefall eine entscheidende Rolle. Die folgende Übersicht hilft bei der Entscheidung:
- Für Eltern, die das Haus an Kinder verschenken:
Nießbrauch senkt die Steuerlast stärker. Wohnrecht bietet einen einfacheren Rückzug, wenn sich Lebensumstände ändern. - Für Ehepartner:
Wohnrecht sichert das gemeinsame Zuhause. Wer wirtschaftlich flexibel bleiben will, wählt Nießbrauch. - Für Pflegekräfte oder Bedienstete:
Wohnrecht auf Zeit mit klarer Befristung ist sinnvoll. Nießbrauch ist hier meist ungeeignet. - Für Kapitalanleger oder Vermieter:
Nießbrauch lohnt sich bei Mieteinnahmen. Wohnrecht bietet nur das persönliche Nutzungsrecht ohne Gewinn.
Wohnrecht oder Nießbrauch im Pflegefall – welche Lösung schützt besser?
Steht der Umzug ins Pflegeheim an, zählt Flexibilität. Wer ein Wohnrecht hat, kann im Vertrag festlegen, dass es bei Auszug automatisch erlischt. Das schützt Angehörige vor späteren Forderungen durch das Sozialamt.

Werden Wohnrecht oder Nießbrauch nicht rechtzeitig angepasst, kann das im Pflegefall zur doppelten Belastung führen: hohe Pflegekosten und eine Immobilie, die nicht verwertet werden kann.
Ing. André Heid M. Sc.
Anders beim Nießbrauch: Hier besteht die Pflicht zur Nutzung – oder zur Vermietung. Wird der Nießbrauch nicht mehr aktiv ausgeübt, fordert das Sozialamt womöglich Ersatzleistungen vom Eigentümer. Im Zweifel bleibt die Immobilie blockiert.
Tipp: Wer mit Pflegebedürftigkeit rechnet, fährt mit einem klar befristeten Wohnrecht besser.
Fallbeispiel: Immobilie an Kinder verschenken – was spricht für Wohnrecht, was für Nießbrauch?
Frau Schneider (70) schenkt ihr Einfamilienhaus an Tochter Anna. Das Haus ist 600.000 Euro wert, die ortsübliche Miete liegt bei 1.000 Euro/Monat.
- Variante 1: Wohnrecht auf Lebenszeit
Der Wert des Wohnrechts wird nach dem Bewertungsgesetz (§ 14 BewG) berechnet:
1.000 Euro x 12 Monate x Vervielfältiger 10,5 = 126.000 Euro Wert des Wohnrechts
→ Schenkungswert: 600.000 – 126.000 = 474.000 Euro - Variante 2: Nießbrauch auf Lebenszeit
Der Nießbrauch erlaubt auch Vermietung – derselbe Rechenweg, aber mit Risikoaufschlag:
1.000 Euro x 12 x Vervielfältiger 12,5 = 150.000 Euro Wert des Nießbrauchs
→ Schenkungswert: 600.000 – 150.000 = 450.000 Euro
Fazit: Der Nießbrauch bringt steuerlich mehr, schränkt den Eigentümer der Immobilie aber stärker ein. Das Wohnrecht ist einfacher aufzulösen, sobald ein Pflegeheim ins Spiel kommt.
Wohnrecht oder Nießbrauch? Häufige Fragen
In diesem Abschnitt beantworten wir häufige Fragen.
Wie wirkt sich Wohnrecht oder Nießbrauch auf den Immobilienverkauf aus?
Eine Immobilie mit Wohnrecht oder Nießbrauch ist schwerer verkäuflich. Der neue Eigentümer kann sie nicht selbst nutzen, solange das Recht besteht. Vor allem ein Nießbrauch senkt den Wert stark, weil auch Mieteinnahmen dem Berechtigten zustehen. Ein Wohnrecht mit klarer Befristung oder Rücktrittsklausel erleichtert den Verkauf.
Wie wirken sich Wohnrecht oder Nießbrauch auf die Steuer aus?
Nießbrauch verringert den steuerpflichtigen Schenkungswert deutlich stärker als ein Wohnrecht. Dadurch lassen sich Freibeträge optimaler ausschöpfen. Allerdings ist der Gestaltungsspielraum kleiner, besonders im Pflegefall. Beim Wohnrecht bleibt mehr Flexibilität, aber der steuerliche Vorteil fällt geringer aus.
Wie lässt sich der Wert von Wohnrecht oder Nießbrauch berechnen?
Der Wert richtet sich nach der ortsüblichen Miete und der statistischen Lebenserwartung des Berechtigten. Für das Wohnrecht wird meist ein niedrigerer Vervielfältiger angesetzt als für den Nießbrauch. Die Berechnung erfolgt nach § 14 BewG. Ein Wohnrecht-Rechner oder ein Gutachten vom Sachverständigen liefert eine genaue Einschätzung.
Hinweis: Unser Wohnrecht-Rechner bietet eine groben Überblick und ersetzt keine professionelle Immobilienbewertung durch einen zertifizierten Sachverständigen.
Fazit: Wohnrecht oder Nießbrauch – was ist wann sinnvoll?
Wohnrecht ist ideal für Personen, die sich das Wohnrecht sichern, aber keine Einnahmen erzielen wollen – etwa bei einem möglichen Umzug ins Heim.
Nießbrauch eignet sich für alle, die sich umfassende Nutzungsrechte sichern und eventuell vermieten möchten – und gleichzeitig den Verkehrswert der Immobilie stärker senken wollen, zum Beispiel für Schenkungssteuer oder Pflichtteilreduzierung.
Beide Varianten haben ihre Stärken. Entscheidend ist, was zu Ihrer persönlichen Situation passt:
- Sollen Einnahmen möglich sein? → Nießbrauch
- Geht es nur um lebenslanges Wohnen? → Wohnrecht
- Muss die Immobilie flexibel bleiben? → Wohnrecht mit Auflösungsklausel
- Sollen Steuerfreibeträge optimal genutzt werden? → Nießbrauch mit Gutachten