Eine Testamentsvollstreckung bringt zahlreiche rechtliche und praktische Herausforderungen mit sich – vor allem, wenn ein Haus im Spiel ist. Darf der Testamentsvollstrecker die Immobilie verkaufen? Welche Rolle spielen die Erben? Und warum ist eine Wertermittlung beim Hausverkauf durch Testamentsvollstrecker so wichtig? Dieser Ratgeber liefert Ihnen fundierte Antworten und praxisnahe Tipps.
- Ein Testamentsvollstrecker wird vom Erblasser bestimmt und kümmert sich um die ordnungsgemäße Abwicklung des Nachlasses, einschließlich des Verkaufs von Immobilien.
- Der Einsatz eines fachkundigen Testamentsvollstreckers lohnt sich besonders, wenn es eine Erbengemeinschaft gibt, der Nachlass komplex ist oder Erben geschützt werden sollen.
- Der Testamentsvollstrecker darf den Hausverkauf eigenständig durchführen, die Erben haben nur in Ausnahmefällen ein Mitspracherecht.
- Dennoch muss sich der Testamentsvollstrecker an bestimmte Pflichten halten, sonst droht ihm Schadensersatz. Dazu gehören beispielsweise eine Sorgfaltspflicht, die Werterhaltung des Nachlasswerts sowie Transparenz gegenüber den Erben.
- Um die Immobilie zu einem marktgerechten Preis zu verkaufen, und nicht in Streitigkeiten mit den Erben zu geraten, sollte der Testamentsvollstrecker ein fundiertes Wertgutachten einholen.
Kurz & knapp: Was ist ein Testamentsvollstrecker?
Ein Testamentsvollstrecker sorgt dafür, dass der letzte Wille des Erblassers umgesetzt wird, wie es im Testament festgelegt ist. Nach § 2203 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) hat der Testamentsvollstrecker „[…] die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen.“ Er ist eine fachkundige und neutrale Vertrauensperson, die den Nachlass ordnet, verteilt oder verwaltet – ganz nach den Vorstellungen des Verstorbenen. Oft sind Testamentsvollstrecker nicht selbst am Nachlass beteiligt.
Der Erblasser benennt den Testamentsvollstrecker in seinem Testament, oder auch im Erbvertrag. Gibt es keine ausdrückliche Benennung einer Person, kann das Nachlassgericht auf Antrag einen Testamentsvollstrecker einsetzen – allerdings nur, wenn der Erblasser dies in seiner letztwilligen Verfügung erlaubt oder gewünscht hat.
Wann ist es sinnvoll, einen Testamentsvollstrecker einzusetzen?
Ob ein Testamentsvollstrecker eingesetzt wird oder nicht, liegt im Ermessen des Erblassers. In diesen Fällen ist die Anordnung einer Testamentsvollstreckung besonders sinnvoll:
- Um Streitigkeiten zwischen den Erben, insbesondere in einer Erbengemeinschaft, vorzubeugen.
- Wenn der Nachlass sehr komplex ist (zum Beispiel mehrere Immobilien, Unternehmensanteile oder Auslandsvermögen).
- Um minderjährige, verschuldete oder behinderte Erben zu schützen.
Der Einsatz eines objektiven Testamentsvollstreckers bringt Ruhe in den Erbfall und sorgt für eine angemessene Verwaltung des Nachlasses. Das ist gerade bei mehreren Erben oder konfliktreichen Verhältnissen von Vorteil.
Die Tabelle zeigt Ihnen im Überblick, in welchen Erbfällen ein Testamentsvollstrecker sinnvoll ist und wann nicht:
| Erbsituation | Mit Testamentsvollstrecker | Ohne Testamentsvollstrecker |
| Anzahl der Erben | Mehrere Erben, z. B. Erbengemeinschaft mit unklaren Zuständigkeiten | Einzelperson als Alleinerbe |
| Schutzwürdigkeit der Erben | Minderjährige, verschuldete, behinderte oder anderweitig schutzwürdige Erben | Volljährige, geschäftsfähige Erben ohne besondere Schutzbedürftigkeit |
| Art des Nachlasses | Komplexe Vermögensstruktur, die spezielle Qualifikationen zur Verwaltung erfordert | Einfacher Nachlass (z. B. Bankguthaben, Hausrat) |
| Umfang des Erbes | Hoher Nachlasswert oder viele verschiedene Nachlassgegenstände | Geringwertiger oder überschaubarer Nachlass |
| Familienverhältnisse | Schwierige Verhältnisse mit Konfliktpotenzial | Harmonisches familiäres Umfeld mit klarer und akzeptierter Erbfolge |
Lesetipp: Informieren Sie sich in unseren Ratgebern zu weiteren Erbschaftsthemen. Erfahren Sie zum Beispiel, welche Möglichkeiten Sie haben, um Ihr Haus an die Kinder zu vererben und welche Vorteile das Berliner Testament bei Hausbesitz bietet.
Welche Aufgaben übernimmt der Testamentsvollstrecker?
Nach dem Todesfall sind Erben – neben ihrer Trauer – mit einer Vielzahl von Aufgaben konfrontiert. Der Testamentsvollstrecker ist in dieser Phase eine große Unterstützung und sorgt dafür, dass die Erbschaft entsprechend dem Willen des Verstorbenen abgewickelt wird.
Im Wesentlichen übernimmt er folgende Aufgaben:
- Verwaltung, Sicherung und Verteilung des Nachlasses
- Erstellung eines Nachlassverzeichnisses mit allen Nachlassgegenständen und -verbindlichkeiten
- Kommunikation mit dem Nachlassgericht und den Finanzbehörden (auch hinsichtlich Steuerfragen)
- Abwicklung offener Verbindlichkeiten (zum Beispiel Schulden, Bestattungskosten, Vermächtnisse, Erbschaftssteuer)
Der Testamentsvollstrecker richtet sich ausschließlich nach den Anordnungen des Erblassers. Die wirtschaftlichen oder persönlichen Interessen der Erben stehen im Hintergrund. Achten Sie daher beim Verfassen des Testaments darauf, Ihre Wünsche konkret und detailliert zu beschreiben.
Wer kann Testamentsvollstrecker sein?
Grundsätzlich kann jede volljährige, geschäftsfähige Person eingesetzt werden. Häufig sind das Rechtsanwälte, Steuerberater, Notare oder Familienmitglieder. Empfehlenswert ist die Auswahl einer fachlich qualifizierten und unabhängigen Person, sodass es nicht zu Interessenkonflikten kommt und der Nachlass sachgerecht verwaltet wird. Idealerweise hat die Person umfassende Kenntnisse im Erbrecht oder ist sogar als Testamentsvollstrecker zertifiziert.
Übrigens: Dem Testamentsvollstrecker steht eine Vergütung zu. Ist deren Höhe nicht im Testament festgelegt, richtet sie sich nach Schwierigkeit, Dauer und Art der Aufgaben. Ein Instrument, das zur Ermittlung der Vergütung herangezogen werden kann, sind die „Empfehlungen des Deutschen Notarvereins für die Vergütung des Testamentsvollstreckers“, ehemals bekannt als „Rheinische Tabelle“.
Testamentsvollstrecker und Hausverkauf: Was erlaubt ist und was nicht
Ist eine Immobilie Teil des Nachlasses, stellt sich für viele Erben die Frage, wer über den Verkauf entscheiden darf. Kann der Testamentsvollstrecker die Immobilie eigenständig verkaufen oder ist die Zustimmung der Erben erforderlich? Dieser Abschnitt zeigt Ihnen, welche Rechte und Pflichten ein Testamentsvollstrecker beim Immobilienverkauf hat – und was es aus Sicht der Erben zu beachten gibt.
Darf der Testamentsvollstrecker eine Immobilie verkaufen?
Ja, im Regelfall ist der Testamentsvollstrecker dazu berechtigt, eine Immobilie aus dem Nachlass eigenständig zu verkaufen. Grundlage dafür ist § 2205 BGB, wonach er den Nachlass verwalten und darüber verfügen darf – sofern dies im Interesse der Nachlassabwicklung liegt und der Erblasser dies in seinem Testament vorgesehen hat. In diesem Fall reicht seine Unterschrift unter dem Kaufvertrag aus – die Erben müssen nicht anwesend sein.
Für den Hausverkauf muss der Testamentsvollstrecker gegenüber Notar und Grundbuchamt seine Befugnis nachweisen. Dazu dient das Testamentsvollstreckerzeugnis (in Ausfertigung), das ihm vom Nachlassgericht ausgestellt wird. Es ist zwingend erforderlich, um einen wirksamen Kaufvertrag zu schließen und die Immobilie im Grundbuch auf den Käufer umschreiben zu lassen. Der Verkauf hat stets im Namen des Nachlasses zu erfolgen. Der Testamentsvollstrecker wird nicht selbst Eigentümer.
Haftung des Testamentsvollstreckers
Dem Testamentsvollstrecker kommt beim Hausverkauf eine große Verantwortung zu. Im Rahmen der Nachlassverwaltung hat er zahlreiche Rechte, aber auch Pflichten. Erfüllt er diese nicht, oder verletzt er sie schuldhaft, können die Erben Schadensersatz verlangen. Bei steuerlichen Angelegenheiten haftet er gegenüber dem Finanzamt. Fehlen ihm schlichtweg die Kenntnisse, ist er dazu verpflichtet, sich fachkundigen Rechtsrat einzuholen. Haftungsfälle sind zum Beispiel:
- Fehlerhaftes aktives Tun (z. B. Fehler in der Erbschaftssteuererklärung)
- Fehlerhaftes Unterlassen (z. B. Verkehrssicherungspflicht beim Haus missachtet)
- Fehlerhaftes Prozessverhalten (z. B. haltlose Klagen)
Sie sind Testamentsvollstrecker und benötigen Unterstützung bei einem Erbfall mit Immobilie? Wenden Sie sich an die Sachverständigen der Heid Immobilienbewertung und lassen Sie sich in einem kostenlosen Erstgespräch beraten. Wir stehen Ihnen in Immobilienfragen zur Seite!
Pflichten des Testamentsvollstreckers beim Hausverkauf
Neben der Pflicht, den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten und die Vorgaben des Erblassers umzusetzen, sind für Testamentsvollstrecker beim Hausverkauf weitere Pflichten relevant. Dazu zählen:
- Sorgfaltspflicht: Der Testamentsvollstrecker muss die Nachlassimmobilie marktgerecht bewerten lassen und den bestmöglichen Verkaufspreis erzielen. Verkäufe unter Wert oder unentgeltliche Übertragungen sind unzulässig.
- Transparenz und Informationspflicht: Der Testamentsvollstrecker muss die Erben über den Verkaufsprozess informieren und Transparenz gewährleisten. Dies umfasst die Offenlegung der Verkaufsdetails und die regelmäßige Kommunikation zum Stand des Verfahrens.
- Offenlegung von Mängeln: Alle bekannten Mängel müssen dem Käufer mitgeteilt werden. Eine Prüfung der Immobilie durch Sachverständige ist empfehlenswert, um Haftungsrisiken zu vermeiden.
- Nachweis der Befugnis: Der Immobilienverkauf darf nur erfolgen, wenn der Testamentsvollstrecker seine Berechtigung durch ein gültiges Testamentsvollstreckerzeugnis nachweist.
- Rechtliche und steuerliche Pflichten: Alle rechtlichen und steuerlichen Anforderungen, die mit dem Hausverkauf einhergehen, müssen beachtet werden.
- Werterhaltung des Nachlasses: Der Testamentsvollstrecker muss den Wert des Nachlasses sichern oder steigern. Das ist insbesondere beim Hausverkauf von Bedeutung, damit die Interessen der Erben gewahrt werden.
Haben die Erben ein Mitspracherecht?
Während der Testamentsvollstreckung sind Erben nicht dazu befugt, eine Nachlassimmobilie zu veräußern – dieses Recht liegt ausschließlich beim Testamentsvollstrecker. Dennoch haben die Erben gewisse Rechte, die sie wahrnehmen können. Sie haben Anspruch auf umfassende Information und können Einsicht in wichtige Unterlagen verlangen. Der Testamentsvollstrecker ist beim Hausverkauf verpflichtet, über alle wesentlichen Schritte zu informieren, etwa über den beabsichtigten Kaufpreis oder den Stand der Verkaufsverhandlungen.
Ein Mitspracherecht im engeren Sinne besteht allerdings nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel wenn der Verkauf nicht im Interesse des Nachlasses liegt oder der Erblasser die Verfügungsmöglichkeiten des Testamentsvollstreckers im Testament eingeschränkt hat. Konflikte entstehen häufig dann, wenn Erben den Eindruck haben, dass der Verkauf nicht zu marktgerechten Bedingungen erfolgt. In solchen Fällen können sie versuchen, über das Nachlassgericht eine Überprüfung der Maßnahmen des Testamentsvollstreckers zu erwirken. Wichtig ist eine transparente Kommunikation, um frühzeitig Missverständnisse und Streitigkeiten zu vermeiden.
Ablauf des Immobilienverkaufs durch den Testamentsvollstrecker
Der Immobilienverkauf durch den Testamentsvollstrecker folgt einem klaren Ablauf. Zunächst prüft er das Testament, um Vorgaben und Einschränkungen hinsichtlich des Hausverkaufs festzustellen. Außerdem muss das Testamentsvollstreckerzeugnis beim Nachlassgericht beantragt werden. Im nächsten Schritt lässt er den Verkehrswert der Immobilie durch ein qualifiziertes Gutachten ermitteln, um einen marktgerechten Verkaufspreis zu gewährleisten.
Nun leitet er die Vermarktung der Immobilie in die Wege und schaltet bei Bedarf einen Makler ein. Er bereitet Verkaufsunterlagen vor, führt Verhandlungen und bestimmt einen geeigneten Käufer. Kommt es zum Abschluss des Kaufvertrags, wird dieser notariell beurkundet. Im Namen des Nachlasses unterzeichnet der Testamentsvollstrecker den Vertrag und weist seine Berechtigung durch das Testamentsvollstreckerzeugnis nach. Es folgt die Eigentumsumschreibung im Grundbuch. Sind alle Nachlassverbindlichkeiten geregelt, teilt der Testamentsvollstrecker den Erlös unter den Erben auf – selbstverständlich unter Berücksichtigung der testamentarischen Vorgaben.
Hinweis: Steuerliche Aspekte muss der Testamentsvollstrecker beim Hausverkauf im Blick haben. Besonders relevant ist die Spekulationsfrist: Liegt der Erwerb der Immobilie durch den Erblasser weniger als zehn Jahre zurück, kann eine Spekulationssteuer anfallen. Zudem ist vor allem bei größeren Nachlässen die Erbschaftssteuer zu berücksichtigen. Die rechtzeitige Abstimmung mit einem Steuerberater ist empfehlenswert.
Lesetipp: Was Erben beim Verkauf eines geerbten Hauses beachten müssen, erfahren Sie in unserem Ratgeber.
Testamentsvollstrecker und Hausverkauf: Immobilienbewertung für eine rechtssichere Veräußerung
Eine fundierte Immobilienbewertung ist für Testamentsvollstrecker unverzichtbar, wenn sie einen marktgerechten Verkaufspreis erzielen und spätere Streitigkeiten mit den Erben vermeiden wollen. Grundlage dafür ist ein qualifiziertes Verkehrswertgutachten, das durch öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige angefertigt wird.
Aber auch für Erblasser lohnt sich ein Verkehrswertgutachten. Sie erfahren den genauen Wert ihrer Immobilie und können die Nachlassverteilung gerecht und realistisch planen. Erben wiederum nutzen den Wert, um besser einschätzen zu können, ob das Haus über oder unter Wert verkauft werden soll.
Gerade bei Nachlassimmobilien ist eine fundierte Bewertung entscheidend – sie schützt sowohl den Testamentsvollstrecker als auch die Erben vor finanziellen Nachteilen.
Ing. André Heid M.Sc.
Die Wertermittlung bei Immobilien ist komplex. Das gilt besonders, wenn sie unter Denkmalschutz stehen, mit Erbbaurechten belastet sind oder anderweitige Besonderheiten aufweisen. Die erfahrenen und mehrfach zertifizierten Sachverständigen der Heid Immobilienbewertung stehen bei Erbschaftsangelegenheiten an Ihrer Seite. Gern besprechen wir Ihr Anliegen in einem kostenlosen Erstgespräch. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage!